Bei Nachforschungen in Archivbeständen der Kirchengemeinde kam ein Bericht über den Bau des Schulhauses an der Lutherkirche im Jahr 1801 zutage. Der für den Bau gezeichnete Grundriss fand sich im Stadtarchiv.
Einige Passagen sollen aus dem Bericht zitiert werden:
„In dem Verlauf des achtzehnten Jahrhunderts, das heißt von 1700 bis 1800, ist die Anzahl der Schulkinder nach und nach auf 400 Kinder angewachsen, wodurch der Schulmeister genöthigt wurde, beständig zwei Provisor (Lehrgehilfen) zu halten. Da saßen nun die Kinder in der Schule so eng aneinander, dass immer eines seine Schulter hinter der Schulter des anderen hatte. Mit Anfang des Jahres 1799 wurde die Erbauung eines neuen Schulhauses von dem Magistrat einstimmig beschlossen und dem hohen Kirchenrathsbaumeister Gonz der Auftrag gemacht, den Riß und Überschlag zur Erbauung eines solchen neuen Schulhauses zu verfertigen.“
Die Vorsteher der Gemeinde waren damals: Pfarrer Friedrich Wilhelm Kohler, Amtmann Georg David Ditting und Gerichtsschreiber Philipp Heinrich Friz. Pfarrer Kohler war 1798 nach Fellbach versetzt worden. Ihm lag, wie schon in seiner bisherigen Gemeinde Birkach, das Schulwesen besonders am Herzen. Zur Finanzierung des Vorhabens heißt es im Bericht weiter:
„Da der Mangel an Steinen auf hiesiger Markung so schwere Kosten verursacht hätte, so entschloss man sich von der 28 Schuh hohen und 6 Schuh dicken Ringmauer um die Kirche, welche für unsere Zeiten ganz unbrauchbar geworden, die Mittagsseite abzubrechen. Dadurch bekam man die brauchbarsten Steine in solchem Überfluß, dass man nicht nur den Keller davon mauern und gewölben sondern auch noch verkaufen konnte.“
Quelle: Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Graphische Sammlungen
Weitere Geldquellen, wie der herzogliche Kirchenrat, das Domkapitel Konstanz und die Landschaft wurden erschlossen. An einer von der Regierung angeordneten Kollekte an den Kirchentüren, beteiligten sich 42 Städte und Ämter des Herzogtums Im Jahr 1801 wurde der Bau begonnen und auch fertig gestellt. Zum Abschluss sei nochmals aus dem Bericht zitiert:
„Das Geschäft ging so schnell und glücklich vonstatten, dass dieser ansehnliche Bau in einem Jahr angefangen und vollendet wurde und dass während dem Bauen keinem von den Handwerksleuten bei ihren oft gefahrvollen Arbeiten ein Unglück widerfahren und mit dem Anfang des Novembers 1801die Schulen von den Schulkindern und das Wohnhaus von den Schulmeistern bezogen werden konnte.“
Zur Ergänzung: Solidaritätsopfer für Vorhaben anderer Gemeinden waren im 19. Jahrhundert durchaus üblich. Einer Aktennotiz des Fellbacher Pfarrers Stockmayer vom 7. Juli 1841 ist zu entnehmen, dass für den Schulhausbau im Lämmersbach Oberamt Backnang in der Lutherkirche 3 Gulden und 30 Kreuzer geopfert wurden.
Dieser Beitrag wurde von Siegfried Bihler für das Stadtarchiv Fellbach verfasst.