Ein umstrittenes Infrastrukturprojekt
Die geplante Trasse des sogenannten Nord-Ost-Rings, die im aktuellen Bundesverkehrswegeplan 2030 in der Kategorie "Weiterer Bedarf mit Planungsrecht" enthalten ist, umfasst ca. 11,5 Kilometer. Sie ist ein Teilstück einer Planung, die ursprünglich als großräumige Umfahrung im Norden der Region Stuttgart angedacht war.
Die Umfahrung ist nie realisiert worden. Für eine eventuell funktionierende Entlastung müssten verschiedene Verkehrsprojekte aus den ursprünglichen Planungen miteinander gedacht werden - z. B. in Stuttgart auch die sogenannte Filderauffahrt von der B10 auf die Filderebene. Der "Nord-Ost-Ring" ist kein "Ring", sondern als Verbindung zwischen den bestehenden Bundesstraßen B14/29 (Fellbach/ Waiblingen) und der B27 (Kornwestheim) angedacht. Die Trassenführung soll über die nördliche Gemarkung von Fellbach führen. Je nach Planungsvariante ist der Nord-Ost-Ring drei- oder vierspurig angedacht und soll über 70.000 Fahrzeuge täglich aufnehmen können – mit erheblichen Auswirkungen auf Umwelt, Landwirtschaft und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger.
Die Planungen werden seit Jahren sehr kontrovers diskutiert. Zuletzt wurde im Jahr 2020 auf Initiative von Verkehrsminister Winfried Hermann ein "Faktencheck" durchgeführt. Ziel war, die jahrzehntelang ausgetauschten Argumente für und gegen dieses aus den 1960/70er Jahren stammende Bauprojekt nochmal anhand der aktuellen Zahlen und mit neuer wissenschaftlicher Expertise zu prüfen.
Im Ergebnis stellten die Experten fest, dass der Nord-Ost-Ring keine verkehrliche Entlastung bringe, schnell wieder "voll-laufe" sowie die weiterführenden Straßen - also die B27 bei Kornwestheim oder den Kappelbergtunnel und die B14/ B29 noch stärker an die Belastungsgrenzen bringe. Die Ergebnisse bestätigten die Stadt Fellbach in ihrer ablehnende Haltung zu diesem Verkehrsprojekt, das die letzten Freiflächen auf der Gemarkung vernichten und wertvollen Landschaftsraum zerstören würde.
Ist der "Grüne Tunnel" eine Lösung?
Mit der Idee, den Nord-Ost-Ring in einer Tunnelvariante ausführen zu lassen, trat der Unternehmer Dr. Rüdiger Stihl im Januar 2020 erstmals an die Öffentlichkeit. Damals wurde das Projekt unter dem Titel "Landschaftsmodell Nord-Ost" vorgestellt und ebenfalls im Faktencheck geprüft. Die negativen Auswirkungen einer mehrspurigen Trasse überwiegen auch bei der Tunnelvariante. Die neue Straße muss zunächst über Jahre geplant und gebaut werden, sie wird mehr Verkehr bringen und sehr viel Fläche zerstören.
Mit dem "Grünen Tunnel" greift Dr. Rüdiger Stihl seit Sommer 2024, unterstützt durch weitere Unternehmen aus der Region, die damalige Idee in einer großangelegten Werbekampagne wieder auf. Dem "Grünen Tunnel" liegen die Planungen für das "Landschaftsmodell Nord-Ost" und keine neuen planerischen Ideen zugrunde. Unbeantwortet bleibt dabei die Frage, was genau durch das Bauwerk "grün" werden soll. Grüner als heute wird es nicht!
Die Behauptung, dass der Tunnel zu mehr "Grün" führen werde, ist dabei irreführend: Derzeit ist das Schmidener Feld "grün" und weist nachweisbar mit die besten Böden Deutschlands auf. Ein Bauprojekt wird dieses Grün und diesen fruchtbaren Boden zerstören. Das Schmidener Feld mit seinen hochwertigen Ackerflächen bietet unseren Landwirten die wirtschaftliche Grundlage für ihre Arbeit. Es ist Lebensraum von geschützten Arten wie der Feldlerche und dem Rebhuhn - wie soll es durch den Bau eine mehrspurige Straße "grün" bleiben? Die Böden verlieren ihre herausragende Qualität, wenn sie abgetragen werden: Bodenexperten und Landwirte verweisen darauf, dass die hohe Güte der Böden - mit die besten in ganz Deutschland - auch durch ein Abtragen und die anschließende Wiederverwendung zerstört werden. Denn die einzelnen Bodenschichten sind in komplexer Weise (z. B. Kapillaren) miteinander verbunden, wird diese Verbindung beispielsweise durch einen Abtrag zerstört, kann sie über Jahrzehnte nicht wieder hergestellt werden.
Der Nord-Ost-Ring im Gemeinderat
Sondersitzung des Gemeinderates am 11.02.2020
Bewertung des Landschaftsmodells Nord-Ost durch die Stadtverwaltung
Öffentliche Sitzung des Gemeinderates am 23.06.2020
Vorstellung des "Landschaftsmodells Nord-Ost-Ring" durch Herrn Dr. Rüdiger Stihl und Beauftragung einer gutachterlichen Untersuchung.
Vorlage 087/2020 zum Herunterladen
Berichterstattung im Stadtanzeiger vom 01.07.2020
Öffentliche Sitzung des Gemeinderates am 23.02.2021
Stellungnahme der Stadt Fellbach zum Landschaftsmodell Nord-Ost-Ring - ein Alternativkonzept.
Vorlage 163/2020/1 zum Herunterladen
Berichterstattung im Stadtanzeiger