„Es findet sich immer was“ – Mode neu gedacht


Sie arbeiten mit alten Stoffen und abgelegter Kleidung, sie wollen Neues schaffen aber dabei „wertbeständig“ sein – die Begeisterung der Designer, die ihre Ausstellungsstücke im Museum erklären, ist greifbar. Seit Freitag, 26. November 2022, läuft die Ausstellung “Neu eingefädelt“ im Stadtmuseum. Mit „Neu eingefädelt“ greift das Fellbacher Museum unter der Leitung von Ursula Teutrine aktuelle Trends und Zeitströmungen auf – Wiederverwertung, die Lust am Selbermachen und das Aufleben alter Handwerkskunst. Die alten Techniken werden von den jungen Künstlern und den teilnehmenden Fellbachern neu interpretiert.

Der Vorlauf für die Ausstellung war lang. „Seit drei Jahren arbeiten wir daran. Wir mussten durch die Pandemie verschieben und dann haben wir immer wiederneue Aspekte entdeckt und andere Wendungen genommen“, erzählt Ursula Teutrine schmunzelnd. Ausgangspunkt der Planungen war die Sammlung kostbarer Handarbeiten der Fellbacherin Magdalene Kolerski. Diese Sammlung inspirierte junge Modestudierende der Hochschule Pforzheim, sich mit Handarbeit auseinanderzusetzen. „Das einzig Gute an Corona war, dass wir Zeit hatten, die Techniken von unseren Müttern oder Omas zu lernen“, führte die Studentin Sara Citella aus. Zusammen mit Claudia Walter und Alicia Barabasch lernte sie häkeln und stricken und ließen sich durch alte Familienfotos inspirieren. „Wir schauten nicht in Pinterest, sondern in die Fotoalben“, so Claudia Walter.

Altes mit Neuem verbinden, dieser Faden zieht sich durch die Ausstellung. „Wertschätzung“ gegenüber alten Kleidungsstücken sowie der Technik, die dahintersteht. Sinah Schlemmer aus dem Westerwald verarbeitet beispielsweise alte Krawatte zu neuen Kleidungsstücken. „Die Menschen bringen mir Kleidung, mit denen sie besondere Geschichten verbinden“, sagt die Designerin, deren Wohnzimmer als Stofflager überquillt. „Es sind zum Teil hoch emotionale Erzählungen“ und damit bekommen Kleider und Krawatten eine ganz andere Bedeutung.

Die Arbeitsjacke seines Großvaters, die mit Lasertechnik bearbeitet wird oder auch das Brautkleid, das zum Boxermantel umgearbeitet wird – Marco Blasevic hat den Respekt vor Materialien in der Schuhmacherei seines Vaters gelernt. Der Fellbacher, der in den Niederlanden lebt und als Designer arbeitet, half immer mal wieder im Familiengeschäft in der Bahnhofstraße mit und hat für seine letzte Kollektion die Kleidung seines Großvaters als Ausgangspunkt genommen. Doch nicht nur Lasertechnik wird als Gestaltungsmöglichkeit von den Künstlern eingesetzt. Fabian Widukind Penzkofer erzählt gestickt Geschichten. „Wir verlieren unser Wissen und die Stoffe werden immer schlechter“, so das Fazit von Verena Daiß, die gelernte Modeingenieurin, zur schnelllebigen Modewelt. Ihre gesammelten Erfahrungen in der Modeproduktion brachten sie dazu, eine eigene Manufaktur zu gründen. In Schorndorf verarbeitet sie nur heimische Materialien und kreiert eine eigene Linie.

Doch nicht nur die jungen Designer erzählen in „neu eingefädelt“ Geschichten, auch die Fellbacher selber zeigen Selbstgenähtes und die damit verbundenen Erfahrungen. „Leider hatte Handarbeit einige Jahre ein angestaubtes und langweiliges Image“, fasste Ursula Teutrine zusammen. „Wer unsere Ausstellung besucht sieht, dass sie Spaß macht, bunt, kreativ und wertbeständig ist.“ Das „Selbermachen“ wecke den Respekt vor der Handarbeit, stellten auch die Designer fest. Die Leistung, die hinter den Produkten stehe, sowie der Wunsch, Erinnerungen in die einzelnen Stücke „miteinzuweben“, wirke motivierend. Alle 50 an der Ausstellung beteiligten Akteure zeigen, dass „Upcycling“, Wiederverwerten und Selbermachen Spaß macht. Sie setzen ein deutliches Zeichen gegen das Wegwerfen und schnelllebigen Trends.

Alle Beteiligten denken Mode neu“ (Foto: Peter Hartung)

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Redakteur / Urheber
© Sabine Laartz (Stadt Fellbach)