„FAIR macht Schule“


EBM Johannes Berner (9. v.l.) mit Schülern und Lehrern des FSG sowie Mitarbeitern des DEAB. Foto: Alex CojocaruWie fair kauft unsere Stadt? Wie stehen Fellbacher Bürger zu Öko-Produkten und nach welchen Kriterien wählt das Rathaus Lebensmittel oder Dienstkleidung aus? Diesen Fragen sind Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums in der vergangenen Woche im Rahmen der Aktionstage „FAIR macht Schule!“ nachgegangen. Dazu eingeladen hatte der Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg (DEAB), der dieses Projekt nun erstmals in Fellbach durchführte. Zum Abschluss fand eine Frage- und Gesprächsrunde im Großen Saal des Rathauses statt – gemeinsam mit dem Ersten Bürgermeister Johannes Berner, der den interessierten Jungen und Mädchen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren über eine Stunde Rede und Antwort stand.

Zunächst aber hatten die Gymnasiasten die Aufgabe, sich selbst einen Überblick über das komplexe Thema zu verschaffen. Dafür besuchten sie Geschäfte im Stadtgebiet, wie etwa den Second IT Store, der auf den Wiederverkauf gebrauchter und restaurierter Laptops spezialisiert ist, oder den Weltladen an der Lutherkirche, der vom Verein für eine gerechte Welt e.V. betrieben wird. Sie sprachen mit Kunden und Verkäufern über Konsumverhalten, befragten Passanten auf der Straße nach deren Meinung zu fair produzierten Waren und stellten fest, dass eine „eigentlich ganz positive Einstellung“ bei den meisten Bürgern vorhanden sei.

Doch zwischen Meinen und Machen bestehe ein großer Unterschied, befanden die aufgeweckten Schüler und wollten daher wissen, was die Stadtverwaltung denn konkret dafür tue, dass in Fellbach nachhaltigere Produkte gekauft und konsumiert werden. Eine an EBM Johannes Berner gerichtete Frage aus dem Schülerplenum lautete deshalb, ob die Stadt denn kontrollieren würde, ob Fair-Trade-Siegel auf Verpackungen echt seien, schließlich gäbe es da einige schwarze Schafe, die sich ungerechtfertigterweise damit schmücken würden. „Wir führen als Stadt keine eigenständige Prüfung derartiger Siegel durch; dafür haben wir auch gar nicht die notwendigen Kompetenzen“, erklärte Berner, „aber es gibt in Deutschland starke Verbraucherschutzorganisationen, die in diesem Bereich tätig sind. Dort sind Profis am Werk, die die Einhaltung der Bestimmungen überprüfen. An sie können sich Bürger wenden, um Klarheit über bestimmte Produkte zu erhalten.“ Das Rathaus selbst bemühe sich aber sehr, wo immer möglich faire oder regionale Produkte einzukaufen. „In diesen Dingen berät uns auch der Verein für eine gerechte Welt“, so der Bürgermeister.

Eine Schülerin hakte nun nach, warum das nur für das Rathaus beziehungsweise für die Schwabenlandhalle gelte, wo der Gemeinderat aktuell noch tagt, und nicht für die vielen weiteren städtischen Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten. Dort gebe es noch immer zu wenig faire Speisen und Getränke. Berner führte dazu aus: „In den Mensen von Schulen und Kindertagesstätten wird eine hochwertige Verpflegung bereitgestellt. Wir spüren als Stadt dabei aber die Anforderung vieler Eltern, die Gebühren möglichst niedrig zu halten. Die Bereitschaft, hier ggf. höhere Gebühren für einen durchgängigen Einsatz von fair gehandelten oder regionalen Produkten zu akzeptieren, ist zumindest aktuell noch nicht mehrheitlich gegeben“. „Aber“, sagt Berner, „vielleicht findet in naher Zukunft ja ein Umdenken statt. Wir beabsichtigen, uns der Schul- und KiTa-Verpflegung in den nächsten Jahren verstärkt zu widmen und darüber auch im Gemeinderat und seinen Ausschüssen zu beraten.“ Im Verlauf des Gesprächs erfuhren die 21 anwesenden Schüler außerdem, dass die orangenen Overalls der städtischen Bauhof-Mitarbeiter von heimischen Industriebetrieben stammen und nicht etwa aus bengalischer Kinderarbeit, wie es bei vielen sehr günstigen Kleidungsstücken – beispielsweise bei Textildiscountern – „leider der Fall ist“.

Nachdem die Schüler mit Berner ausgiebig über fair gehandelte Produkte diskutiert hatten, rückten verwandte Themen wie Umwelt- und Klimaschutz in den Fokus. „Was machen Sie denn da genau?“, fragte eine Siebtklässlerin. Die Stadt Fellbach habe schon in den 1990er-Jahren einen Umweltbeauftragten eingestellt und dem Natur-, Klima- und Umweltschutz seither viel Bedeutung beigemessen, auch durch den weitgehenden Verzicht auf die Versiegelung von Flächen im Außenbereich. Um die gewachsenen Herausforderungen zu stemmen, werde der Personaleinsatz aktuell vergrößert. Eine neu eingestellte Mitarbeiterin werde unter anderem einen Klimaschutzplan erarbeiten. Daneben werde viel Arbeit in die E- und Radmobilität gesteckt, „da ändert sich im Moment sehr viel; und das sind nur die besonders gut sichtbaren Beispiele“. Sorgen bereitet Berner momentan die zunehmende Vermüllung und Verschmutzung im Stadtgebiet. Seit Corona habe sich das Müllaufkommen im öffentlichen Raum nahezu verdoppelt. Die städtischen Mülleimer seien „übervoll“, oft liege der Abfall einfach daneben. „Warum wird im öffentlichen Raum eigentlich nicht getrennt?“, schallte es aus dem Schülerplenum. Das sei natürlich wünschenswert, aber für die Bürger in der Praxis nur schwer umzusetzen. „Wir können nicht erwarten, dass nach dem Imbiss noch die Sauce vom Teller gekratzt wird, um Papier, Plastik und Restmüll korrekt zu trennen.“ Berner wünscht sich vielmehr, dass Bürger möglichst keinen Abfall mehr im öffentlichen Raum entsorgen, weil sie ihn mit nach Hause nehmen. „In den Haushalten haben wir ja ganz überwiegend eine funktionierende Trennung.“

Zum Ende des Gesprächs ermunterte Johannes Berner die Schüler im Saal, sich ihre kritische Haltung und ihr Engagement weiterhin zu bewahren und sich etwa bewusst für eine Kandidatur bei den nächsten Wahlen zum Jugendgemeinderat bereitzustellen. Von dort habe schon bei einigen jungen Menschen der Weg später direkt in den Gemeinderat geführt, in dem die großen Fragen der Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit immer wieder in praktische Lösungen übersetzt werden müssten. Ein Wiedersehen mit den Schülern im Großen Saal des Rathauses ist also nicht ausgeschlossen.

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