Datenfehler bei den SWF: 24 Euro Nachteil pro Jahr und Bürger


Schwimmbecken F3

Ein einfaches Versäumnis bei der Datenerfassung schlägt über die Jahre mit einer enormen Wassermenge zu Buche. Die Stadtwerke Fellbach GmbH installierte für das damals neu eröffnete Fellbacher Familien- und Freizeitbad (F.3-Bad) einen sogenannten Verbundzähler, bei dem bauartbedingt nur ein Teil der Wassermenge gezählt wurde; die erfasste Menge musste dann zur Ermittlung des tatsächlichen Verbrauchs multipliziert werden. Durch einen Fehler wurde der notwendige Multiplikationsfaktor zehn aber in der Abrechnungsdatenbank der Stadtwerke nicht eingetragen – mit schwerwiegenden Folgen: In den etwa sechs Jahren Laufzeit (bis September 2019), in denen der Verbundzähler in Betrieb war, wurde gegenüber der F.3 Betriebsgesellschaft Kombibad Fellbach GmbH nur ein Zehntel der Wassermenge abgerechnet. Auch bei der Abrechnung des Schmutzwassers wurde eine entsprechend geringere Menge zu Grunde gelegt.

„Wir haben in den vergangenen Wochen intensiv aufgearbeitet, wie es zu diesem Fehler kommen konnte“, erklärt Gerhard Ammon. Der Stadtwerke-Geschäftsführer bittet angesichts der bevorstehenden Beratung der Angelegenheit in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats (23. März) die Fellbacher Bürgerinnen und Bürger, den Gemeinderat und den Aufsichtsrat der Stadtwerke um Entschuldigung für das Versäumnis und versichert: „Ich habe inzwischen bei allen betroffenen Prozessen Arbeitsanweisungen erlassen, die sicherstellen sollen, dass so etwas nie wieder passiert.“

„Wir haben keinen Hinweis für einen vorsätzlichen Fehler, aber die Aneinanderreihung der Umstände, die zu dem Fehler geführt haben, hätte es nicht geben dürfen“, zieht der Geschäftsführer nach einer umfassenden Analyse kritisch Bilanz. Die vergangenen Wochen waren für Gerhard Ammon und das Team der Stadtwerke nicht einfach. Ende Oktober 2020 war der langfristige Wasserverbrauch des F.3-Bades überprüft worden; dabei war die Fehlabrechnung entdeckt worden. Seitdem hat der 54–Jährige in enger Abstimmung mit dem Aufsichtsrat der Stadtwerke und den zuständigen Ausschüssen des Gemeinderats alles daran gesetzt, Licht in den Vorgang zu bringen.

Der Einbau des Verbundzählers mit zwei Zählwerken im Sommer 2013 selbst entsprach dem damals üblichen Stand der Technik. Eines der beiden Zählwerke registrierte die kleinen Wassermengen; über das andere Zählwerk mit dem Multiplikator sollten die großen Mengen für den Badbetrieb abgerechnet werden. „Nicht unüblich für so große Wasserabnehmer wie ein öffentliches Bad“, kommentiert Ammon dieses Vorgehen. Allerdings müssen bei einem Verbundzähler dieser Bauart die erfassten Wassermengen mit zehn multipliziert werden. Dieser Faktor, der auch auf dem Zähler vermerkt ist, wurde beim Einbau nicht in der Datenbank hinterlegt und konnte folglich auch in der Abrechnung nicht berücksichtigt werden.

Parallel dazu stellten die Stadtwerke mit der Eröffnung des Bades die bei den übrigen Wasserverbrauchern übliche jährliche Abrechnung auf eine monatliche Abrechnung um. Eigentlich ein zusätzliches Sicherheitsinstrument, da hierdurch der Zählerstand im Bad auch unterjährig monatlich abgelesen wurde. „Ärgerlicherweise haben wir dadurch aber unbeabsichtigt einen anderen Kontrollmechanismus außer Kraft gesetzt.“ Denn in der Regel gleichen die Stadtwerke die jährlich abgenommenen Wassermengen mit einer hinterlegten jährlichen Verbrauchsprognose ab. „Dies war bei der monatlichen Abrechnung nicht mehr der Fall, sonst wäre beim Vergleich mit den Prognosedaten die Diskrepanz spätestens nach einem Jahr deutlich geworden“, ist der Geschäftsführer überzeugt. Auch bei einem Blick auf den Wasserverbrauch des früheren Hallen- und Freibads hätte das Problem erkannt werden können, weiß der Geschäftsführer; dieser Vergleich wurde aber nicht angestellt.

Selbst als der Verbundzähler im September 2019 gegen einen modernen Ultraschallzähler ausgewechselt wurde, fiel der ansteigende Wasserverbrauch nicht sofort auf. Die üblichen Kontrollinstrumente, die bei der Abrechnung hinterlegt sind, griffen also in diesem Fall nicht, so das Fazit nach einer intensiven betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Überprüfung. „Die Fakten liegen inzwischen auf dem Tisch; die Prüfung der rechtlichen Konsequenzen ist aber noch nicht ganz abgeschlossen“, stellt die Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke, Oberbürgermeisterin Gabriele Zull, fest. „Gerade was die Konsequenzen angeht, müssen wir alles sorgfältig und klar nachvollziehbar aufbereiten. Die Bürger wollen zu Recht wissen, was da passiert ist und wie die zu viel berechneten Beträge rückerstattet werden“, ist Zull überzeugt. Da der Gesamt-Wasserverbrauch die Grundlage für die Kalkulation sowohl der Frischwasserentgelte wie auch der Schmutzwassergebühren bildet, schlagen Änderungen bei den Wassermengen indirekt bei allen Verbrauchern zu Buche. „Die Organe der Stadtwerke, der Gemeinderat und die Verwaltung sind sich einig, dass diejenigen Beträge, die aufgrund der Fehlkalkulation beim Wasser und Schmutzwasser rechnerisch zu viel abgerechnet wurden, an die Betroffenen zurückerstattet werden müssen“, stellt die Oberbürgermeisterin fest.

Während die Stadtwerke das interne Kontrollsystem gründlich überprüfen und optimieren, arbeiten sie parallel bereits an der Rückerstattung der zu viel abgerechneten Entgelte bzw. Gebühren. Dazu stehen sie in engem Kontakt mit der Landeskartellbehörde für Energie und Wasser. Die Bürger sind von der Rückerstattung gleich zweimal betroffen: Sowohl bei den abgeflossenen Kubikmetern Frischwasser als auch beim Schmutzwasser wurden in den Kalkulationen der betreffenden Jahre falsche Zahlen zugrunde gelegt. „Im Schnitt hat ein Durchschnittshaushalt in den sechs Jahren insgesamt etwas über 140 Euro – pro Jahr ungefähr 24 Euro – zu viel bezahlt“, erklärt Johannes Berner, Finanzbürgermeister und damit auch für die Beteiligungsunternehmen der Stadt zuständig. „Dieses Geld soll den betroffenen Haushalten und Betrieben zurückgezahlt werden“, versprechen Berner und Ammon. Die nicht abgerechneten Frischwassermengen des F.3 Bades hatten im sechsjährigen Zeitraum der Fehlabrechnung einen Gesamtumfang von 1,125 Millionen Euro. „Daraus ergibt sich eine nicht berechnete Schmutzwassermenge im Umfang von 1,09 Millionen Euro, die dem städtischen Eigenbetrieb Stadtentwässerung hätten zufließen müssen“, führt Gerhard Ammon aus. Das genaue Verfahren, mit welchem die Rückerstattung an die betroffenen Verbraucher erfolgen soll, wird derzeit noch abgestimmt.

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